Klartext.NRW – (VBE) Mit der Aktion Sprachrohr sammelt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) NRW Einschätzungen und Statements von Pädagoginnen und Pädagogen aus der Schulpraxis bezüglich der Öffnung der Schulen.
An der VBE-Aktion beteiligen sich bereits hunderte Beschäftigte aus dem Schuldienst. Die bisherigen Einsendungen hat der VBE gestern anonymisiert dem Schulministerium überreicht.
Ab dem 15. Juni soll wieder ohne eine Teilung der Lerngruppen im Klassenverband unterrichtet werden. Die Kritik an den Plänen reißt nicht ab. Dazu erklärt Stefan Behlau, Landesvorsitzender des VBE:
„Die Enttäuschung der Beschäftigten ist gewaltig. Besonders groß ist der Ärger über die chaotische Kommunikation des Schulministeriums und die Ignoranz gegenüber den Hinweisen und der Kritik aus der Praxis. Lehrkräfte wollen bestmöglich lehren. Die Schulen benötigen dafür aber eine spürbare Unterstützung.
Das zeigen die vielen Statements. Mehr als einmal hat der VBE darauf hingewiesen, dass die Schulen transparente und verlässliche Aussagen für ihre Arbeit benötigen. Die Dynamik wurde oft als Grund der schnellen Entscheidungswechsel angeführt, aber umgekehrt wird ein Schuh daraus, denn gerade in einer dynamischen Zeit braucht es Verlässlichkeit.“
Differenz zwischen Schulmail und Pressestatements sorgt für Ärger in den Schulen
Sorgen machen die Folgen der Differenz zwischen den Pressestatements und der Schulmail zur Öffnung. Dazu Stefan Behlau:
„Das Schulministerium hat für eine dermaßen hohe Erwartungshaltung der Eltern gesorgt, dass es nur zur Enttäuschung kommen kann. Wohlwissend, dass es an Personal fehlt und eben nicht alles normal weitergehen kann, wurde ein Regelbetrieb öffentlich angekündigt. Gleichzeitig wird in der Schulmail deutlich, dass es keine Normalität sein wird. Schulen müssen alles so organisieren, dass es zu keiner Durchmischung von Lerngruppen kommt. Es gilt weiterhin das Abstandsgebot für Schulen.
Wenn jetzt am 15. Juni erwartungsgemäß nicht alles im normalen Regelbetrieb weitergeht, wird die Enttäuschung darüber sehr wahrscheinlich ausgerechnet die Pädagoginnen und Pädagogen treffen, die alles dafür tun, bestmöglich unterrichten zu können.“
Alle Statements sind anonymisiert. Hier kurze Auszüge:
„Über die Öffnung der Schulen kann man reden, keine Frage. Über das Für und Wider und den Weg zurück lässt sich konstruktiv streiten, aber die Art und Weise, wie das Ministerium hier mit uns als Schulen und allen Mitarbeitern umgeht, ist unerträglich und völlig inakzeptabel!“
„Wie soll ‚Regelbetrieb mit Unterricht möglichst gemäß Stundentafel‘ gehen mit 19 % Unterbesetzung z.B. an unserer Schule?“
„Heute wurde ich von einer Erstklässlerin in der Notbetreuung gefragt, ob der Corona-Virus verschwunden sei.“
„Als vorgestern die Schulmail versendet wurde, waren wir im Kollegium zunächst einmal wie unter einer ‚Schockstarre‘ und dann kamen Äußerungen: ‚Ist das ein Witz?‘“
„Seit März werden Schulleiter und LehrerInnen massiv vor den Kopf gestoßen, da sie wichtige Entscheidungen auch nur aus Presse oder anderen Medien erfahren.“
„Warum wurde diese Corona-Zeit jetzt nicht genutzt, um Schulen genauso ‚unbürokratisch‘ wie die Wirtschaft zu retten und zum Beispiel digital aufzurüsten?“
„Meiner Meinung nach sind die Öffnungen verfrüht. Viele sorgen sich vor einer 2.Welle, die durch unvorsichtiges Handeln hervorgerufen werden könnte. Wer trägt dann die Verantwortung? Für alle Schüler, Eltern und Lehrer wird der Start ohne genügende Sicherheitsmaßnahmen eine Herausforderung, die nicht sein müsste.“
„Meiner Meinung nach hätte die Öffnung der Grundschulen bis nach den Sommerferien warten sollen. An unserer Schule lief der Präsenzunterricht gerade sehr gut. Alle Kinder bekamen einmal wöchentlich einen Input, Beziehungsarbeit wurde geleistet und ein Wochenplan verteilt, den die Kinder ohne Elternhilfe selbstständig bewältigen konnten.“
Auf www.vbe-nrw.de finden Sie weitere Kommentare – „Schulmail” vom 05.06.2020