Neuss – In den nächsten Tagen rollt der Bagger an die Kreuzung Selikumer Straße und Nordkanalallee. Dann werden umfangreich die Tiefbau-Arbeiten am Epanchoir, der historischen Wasserstraßenkreuzung im Herzen von Neuss, fortgesetzt.
Umfang und Volumen der zu bewegenden Erdmassen und der wassertechnischen Baumaßnahmen sind eindrucksvoll und werden die Restaurierung dieses historischen Bauwerks stärker als bisher in das Bewusstsein der geschichtlich interessierten Neusser Bürger rücken.

Über den Fortgang der Baumaßnahmen freuen sich insbesondere Vorsitzender Christoph Napp-Saarbourg und sein Stellvertreter Klaus Karl Kaster vom „Verein der Freunde und Förderer des historischen Nordkanals e.V.“. Nach Auskunft des Bau leitenden Tiefbaumanagements der Stadt Neuss sind Ausschreibung und Vergabe an die entsprechende Fachfirma Ende 2014 erfolgt. „Vertragsgemäßer Beginn ist Anfang diesen Monats, also in den nächsten Tagen“, so Kaster.

In den zurückliegenden Monaten waren Förderverein und die zuständigen Ämter, Dienststellen und Institutionen der Stadt Neuss nicht untätig geblieben. Es wurden Pläne erstellt, diskutiert und variiert, Architekten, Denkmalschützer und Landschaftsgestalter konsultiert, mit Nachbarn und Historikern gesprochen, mögliche Mitstreiter und Unterstützer einbezogen sowie intensiv und erfolgreich für das anspruchsvolle Projekt geworben.
Und es hat sich auch viel getan, so beispielsweise die für das Projekt besonders wichtige Verlegung der großen Trinkwasser-Versorgungsleitung durch die Stadtwerke Neuss – eine Mammutaufgabe – und das Versenken zweier Spundwände. War dies auch nicht immer für den Bürger auf den ersten Blick greifbar und sichtbar, so wird sich dies nach Überzeugung des Fördervereins durch den aktuellen Baufortschritt ändern. Ein bisschen ist man schon gespannt, was die Neusser zu der Baustelle des Hauptwasserbeckens sagen werden. Denn mit den Ausmaßen von rund 45 Meter Länge und etwa 22 Metern Breite wird nun die von Napoleon geplante große Wasserstraße „Nordkanal“ erstmals in Neuss sichtbar und deutlich.

Über die Reaktionen von Nachbarn und Bürgern musste sich Napoleon als „Vorgänger“ des Neusser Fördervereins vor mehr als 200 Jahren keine Sorgen machen, ebenso wenig wie übrigens mit der Finanzierung. Der französische Kaiser wollte seinen überaus ehrgeizigen wie weitsichtigen Plan, die beiden Hafenstandorte Antwerpen an der Nordsee und Neuss am Rhein zu verbinden, mit Einnahmen aus der Branntweinsteuer bezahlen – alles andere als eine Schnapsidee.
Der Bau führte am Ende nicht über die geplanten rund 160 Kilometer von Antwerpen bis Neuss, sondern nur teilweise und nur über eine relativ kurze Zeit, zum Beispiel über 16 Kilometer von Neuss bis nach Neersen. Aber ein Herzstück der Kanalbaumaßnahme, eben das Epanchoir, wurde realisiert. Wo die Obererft den Kanal kreuzte, sollte sie zwar nicht den Treidel-Betrieb durcheinanderwirbeln, aber trotzdem die Wasserkraft geben, die für die bedeutenden Neusser Wassermühlen erforderlich war.
Mit den Jahren gerieten Kanal und Epanchoir in Vergessenheit. Bis die „Vereinigung der Heimatfreunde Neuss“ sich anlässlich des 200jährigen Jubiläums der Einweihung des Epanchoir im Jahre 2009 wieder erinnerte. Eine gute Idee, die über die Aktivitäten des 2012 neu gegründeten Fördervereins für die Restaurierung und Präsentation des Epanchoir schnell Mitstreiter und Förderer fand und die durch herausragende Stiftungen wie NRW-Stiftung oder Deutsche Stiftung Denkmalschutz großzügig unterstützt wurde.
Spätestens im Herbst diesen Jahres nach der Fertigstellung der Gesamtmaßnahme werden sich Epanchoir und Info-Point in das entsprechend gestaltete Umfeld einfügen. Hierfür konnte das Landschaftsplanungsbüro gewonnen werden, das schon das benachbarte Klinikgelände sehr anspruchsvoll gestaltet hat.