Korschenbroich – Bürgermeister Heinz Josef Dick hatte Bürger, die als Multiplikatoren aus dem sozialen Bereich mitten im öffentlichen Leben stehen, zum Ideenaustausch in den Ratssaal eingeladen.
Das gemeinsame Ziel: Stadtverwaltung und Bürger wollen den Asylsuchenden und Flüchtlingen helfen, die zurzeit aufgrund der politischen Entwicklung verstärkt Zuflucht in Deutschland und somit auch in Korschenbroich suchen. Der Bürgermeister und sein Beigeordneter Bernd Dieter Schultze freuten sich über die gute Resonanz. 13 erfahrene Engagierte brachten am Mittwoch ihre Anregungen in die Diskussion ein. Unter ihnen waren zum Beispiel Vertreter der Kirchen und kirchlichen Organisationen genauso wie Mitglieder des ZWARNetzwerkes, der „Eine-Welt-Initiative Korschenbroich“, der Kleiderstube und Vertreter engagierter Nachbarschaften mit Nähe zu Übergangswohnheimen.
„Wir wollen jetzt in Korschenbroich auffrischen, was wir früher unter anderem während des Jugoslawienkrieges zusammen auf die Beine gestellt haben. Unsere Stadt hat das Potenzial, wir müssen nun nur die alten Kontakte beleben und die Neubürger miteinbinden. Die Verwaltung kann nicht alles allein schaffen“, erklärte Dick.
Zwei Aspekte seien zu berücksichtigen, um direkt und praktisch zu helfen: die Unterbringung der vom Land zugewiesenen Menschen und die Integration der Hilfesuchenden in die Nachbarschaft vor Ort. Was heißt das? Michael Beyer, stellvertretender Leiter des Ordnungsamtes, und Petra Köhnen, stellvertretende Leiterin des Sozialamtes, skizzierten den anwesenden Multiplikatoren kurz die Ausgangssituation und die möglichen weiteren Pläne. Das Ordnungsamt organisiert die Unterbringung der asylbegehrenden Ausländer und ausländischen Flüchtlinge. „Wir halten auch trotz des Zeitdruckes, den das Land an uns weitergibt, an der Unterbringung in kleineren Einheiten mit Wohnungscharakter fest. Anonyme Sammelunterkünfte oder gar Zelte wird es bei uns nicht geben, da ohne Privatsphäre das Konfliktpotenzial steigt“, erläuterte Beyer. „Zudem bleiben die Übergangswohnheime über das Stadtgebiet verteilt – also dezentral. An dieser Strategie des Stadtrates zur Erleichterung der Integration halten wir in bewährter Form fest“, hatte Bürgermeister Dick bereits betont.
186 Plätze gibt es in Korschenbroich aktuell. Sie sind alle belegt. Deswegen setzen Stadtverwaltung und Stadtrat an zwei Punkten an: In Herrenshoff wird zurzeit das bestehende Übergangswohnheim erweitert und der ältere Teil saniert. In Neersbroich an der Rheydter Straße wird dort, wo bereits einmal Asylbewerber und Flüchtlinge wohnten, im Frühjahr 2015 wieder Wohnraum für sie entstehen. 60 Quadratmeter sind dabei stadtweit für sechs Personen vorgesehen. Je nach Größe einer Familie, die nicht getrennt werden soll, könnten auch vier bis fünf Personen auf 60 Quadratmetern leben. „Unser Ziel ist es, Ende 2015 mit diesen und anderen Maßnahmen 300 Plätze anzubieten“, sagte Beyer. Bis zur Fertigstellung der neuen Wohnmöglichkeiten müssen unter Umständen Notunterkünfte hergerichtet werden. Denn die Zahl der Zuweisungen vom Land NRW ist nicht von der Stadtverwaltung zu beeinflussen.
Zum Vergleich: Rund 700 Personen lebten in den 90er Jahren in Korschenbroich. Petra Köhnen, seit 1981 im Sozialamt tätig, hat schon damals die Integration der Ausländer begleitet und die Multiplikatoren an einen Tisch geholt. Im Ratssaal traf sie daher bekannte Gesichter wieder. Aktuell läuft ihr Aufruf über die städtische Ehrenamtsbörse engagierte Bürger zu finden. Eine erste gute Nachricht hatte sie schon für das Plenum: „Zehn Ehrenamtler haben sich direkt als Integrationslotsen angeboten und erledigen mit den Flüchtlingen zum Beispiel Arztbesuche. Es sind diese Kleinigkeiten, die die Integration erleichtern und Frust auf beiden Seiten erst gar nicht entstehen lassen.“
Die anwesenden Neersbroicher pflichteten ihr bei und wollen ihre alte Nachbarschaftshilfe wieder aufleben lassen. Schon während die ersten Flüchtlinge im Frühjahr 2015 einziehen, wollen sie Kontakt suchen. Die Stadtverwaltung bietet zudem in Neersbroich vorab eine Bürgerversammlung an. In der Diskussion am Mittwoch ergaben sich direkt nächste Punkte, die die Anwesenden anpacken möchten: Sprachlehrer suchen, sich regelmäßig persönlich treffen und der Kleiderstube helfen. Denn deren Organisatorin Ursula Johnen hat zwar zurzeit genug Kleidung für die Hilfesuchenden, benötigt aber dringend Haushaltswaren wie Töpfe und Schüsseln.
Wer hierfür Spenden möchte oder Zeit als Ehrenamtler anbieten möchte, kann sich bei Petra Köhnen im Rathaus Regentenstraße melden: Tel. 02161/613–169 oder per E‑Mail an petra.koehnen@korschenbroich.de.