Neuss – Bürgermeister Herbert Napp äußerte sich am Montag (03.11.2014) Mittag im Rathaus zu den Vorwürfen der Vetternwirtschaft. Er hat Fehler bei einer Auftragsvergabe eingeräumt.
Durch die Medien ging auf breiter Front die Vergabe eines hochdotierten Auftrages (über 180.000,- Euro) an eine Düsseldorfer Anwaltskanzlei. Diesen hatte Bürgermeister Herbert Napp im vergangenen Jahr, bezüglich des Grundstückverkaufs an ein Möbelhaus, im Alleingang vergeben.
Neben einem Verstoß gegen die stadteigenen Richtlinien zur Vergabe von Aufträgen gab es noch eine weitere Auffälligkeit. Die Ehefrau von Herrn Napp ist Partnerin (Teilhaberin) dieser Anwaltskanzlei.
Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Neuss stellte dazu fest:
Verpflichtungserklärungen, deren Wert 1.500 € (netto) übersteigen, sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 der Vergabeordnung der Stadt Neuss (1- 31/01 HdO) i. V. m. der Anlage zur Dienstanweisung Verpflichtungserklärungen (1–31/02 HdV) von zwei Dienstkräften zu unterzeichnen.
Aufgrund der vereinbarten Stundensätze war abzusehen, dass diese Auftragssumme schon bei geringer Tätigkeit der Kanzlei erreicht werden würde. Die Mandats- und Vergütungsvereinbarung trägt seitens der Stadt die Unterschrift des Bürgermeisters sowie daneben nur zwei Paraphen.
Bei einem Vergabewert über 100.000€ liegt die abschließende Entscheidungsbefugnis beim Fachausschuss, dessen Beteiligung bzw. Information in dieser Sache ist nicht aktenkundig.
Bürgermeister Napp begründete sein Vorgehen mit seinen Kenntnissen als Anwalt und persönlichen Erfahrungen in der Vergangenheit: „Ich war vor meiner Zeit als Bürgermeister selber Anwalt und kenne die Kollegen in Neuss und Düsseldorf”.
„Wir hatten wenig Zeit für Entscheidungen zu diesem Zeitpunkt der Verhandlungen” führte er weiter aus und „.. es ist doch niemandem ein Schaden entstanden..”.
Als Anwalt sollten die Gründe für Richtlinien und Vorschriften, gerade bei der Vergabe von städtischen Aufträgen, Bürgermeister Napp gut verständlich sein. Zumal er über eine ausreichende Erfahrung in diesem Amt verfügt.
Da half es auch nicht, wenn Bürgermeister Herbert Napp Versäumnisse und Fehler in der Vergangenheit einräumte.
Was, entgegen des überwiegenden Medieninteresses, die Redaktion von Klartext-NE bedenklich stimmt, ist die Tatsache, dass in dem „nicht öffentlichen” Bericht des Neusser Rechnungsprüfungsamtes die Beanstandungsquote fast gegen 100% geht. Nur wenig untersuchte Vorgänge verliefen einwandfrei.
Häufige Gründe waren die Nichteinhaltung rechtlicher Vergabevorschriften wie:
- Nur einer statt der notwendigen zwei Unterschriften
- Keine öffentliche Ausschreibung
- Keine oder unzureichende Vergabedokumentation
- Keine Belege/Nachweise zur Auftragserteilung
Diese Mängelliste hat im genannten Zeitraum (2009–2013) ein Gesamtvolumen von über 673.000 Euro. Angesprochen auf diese Summe äußerte sich Bürgermeister Napp „.. das ist nur eine marginale Summe ..” und „.. bei einem Haushalt von 250 Millionen Euro ist dies nicht erwähnenswert”. (Marginal = nebensächlich/unbedeutend)
Das der Stadt bisher, so die Aussage des Bürgermeisters, keine Schäden entstanden entschuldigt nicht die Tatsache, dass seit vielen Jahren in der Neusser Verwaltung unkorrekt gearbeitet wurde und wenn ein Stadtoberhaupt den Bezug zu Summen verloren hat, ist dies nicht akzeptabel.